Corona: weitreichende Zahlungserleichterungen für Mieter und Kreditnehmer; Abmilderung Konventionalstrafe

Das "2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz" (2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz - 2. COVID-19-JuBG) bringt einige erhebliche Erleichterungen für Mieter, Kreditnehmer mit sich; auch für Konventionalstrafen enthält das Gesetz eine Sonderbestimmung. Die einzelnen Paragraphen werden im Folgenden dargestellt und erklärt.

1. Erleichterung für Wohnungs-Mieter:

Zahlt ein Mieter die monatliche Miete nicht rechtzeitig und vollständig, so kann dies zur Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter führen. Für den Zeitraum April bis Juni wird dem Vermieter diese Möglichkeit nun genommen, bis Ende 2020 kann die offene Miete dieser Zeit nicht einmal eingeklagt werden:

§ 1. Wenn der Mieter einer Wohnung eine Mietzinszahlung, die im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, kann der Vermieter allein wegen dieses Zahlungsrückstands den Mietvertrag weder kündigen noch dessen Aufhebung nach § 1118 ABGB fordern. Der Vermieter kann den Zahlungsrückstand bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 nicht gerichtlich einfordern oder aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken.

Dennoch ist auch bei Mietern Vorsicht geboten: die Regelung gilt nur, wenn der Mieter in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit coronabedingt erheblich(!) beeinträchtigt ist. Es wird Sache der Gerichte sein, zu beurteilen, ob dies gegeben ist.

2. Verschiebung der Fälligkeit von Zahlungen bei Kreditverträgen

Liegen gewichtige Einkommensausfälle des Kreditnehmers vor, tritt für Kreditrückzahlungen, Zins- und Tilgungsleistungen eine Stundung für die Dauer von 3 Monaten (April bis Juni 2020) ein, ohne dass Verzugszinsen anfallen. Dies gilt nur für Verbraucher und auch für Kleinstunternehmer (weniger als 10 Beschäftigte, Jahresumsatz und Jahresbilanz unter € 2 Mio), . Voraussetzung ist laut dem Gesetz, dass der angemessene Lebensunterhalt des Kreditnehmers oder seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist.

Eine Kündigung des Kreditvertrages ist im Zeitraum April bis Juni 2020 nur mehr eingeschränkt möglich.

Eine Vertragsanpassung soll angestrebt werden. Gelingt das nicht, soll die Vertragslaufzeit um 3 Monate verlängert werden.

§ 2. (1) Für Verbraucherkreditverträge, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, gilt, dass Ansprüche des Kreditgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen 1. April 2020 und 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden, wenn der Verbraucher aufgrund der durch die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einkommensausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist dem Kreditnehmer die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist. Für die Dauer der Stundung befindet sich der Kreditnehmer mit der Zahlung dieser Leistungen nicht in Verzug; während dieser Zeit fallen daher keine Verzugszinsen an. Eine Frist, nach deren Ablauf für die gestundete Forderung bestellte Sicherheiten nicht mehr in Anspruch genommen werden können, wird durch die Stundung so verlängert, dass dem Kreditgeber für die Inanspruchnahme der Sicherheit nach der letzten Fälligkeit einer besicherten Forderung dieselbe Zeit zur Verfügung steht wie nach den Vereinbarungen, die vor der Stundung gegolten haben.

(2) Der Kreditnehmer hat das Recht, in dem in Abs. 1 genannten Zeitraum seine vertraglichen Zahlungen zu den ursprünglich vereinbarten Leistungsterminen weiter zu erbringen. Soweit der Kreditnehmer die Zahlungen vertragsgemäß weiter leistet, gilt die Stundung gemäß Abs. 1 als nicht erfolgt.

(3) Die Vertragsparteien können von den Regelungen des Abs. 1 abweichende Vereinbarungen treffen, insbesondere über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen.

(4) Kündigungen des Kreditgebers wegen Zahlungsverzugs oder wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers sind im Fall des Abs. 1 bis zum Ablauf der Stundung ausgeschlossen. Davon darf nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden.

(5) Der Kreditgeber soll dem Verbraucher ein Gespräch über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Regelung und über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Für dieses können auch Fernkommunikationsmittel genutzt werden.

(6) Kommt eine einvernehmliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2020 nicht zustande, so verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate. Die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben. Der Kreditgeber hat dem Verbraucher eine Ausfertigung des Vertrags zur Verfügung zu stellen, in der die vereinbarten Vertragsänderungen oder die sich aus dem ersten Satz sowie aus Abs. 1 erster Satz ergebenden Vertragsänderungen berücksichtigt sind.

(7) Die vorstehenden Absätze gelten auch für Kleinstunternehmen im Sinn von Art. 2 Abs. 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36, als Kreditnehmer, sofern der Kreditvertrag vor dem 15. März 2020 geschlossen wurde und das Unternehmen infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die Leistungen nicht erbringen kann oder dem Unternehmen die Erbringung der Leistungen ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

3. Beschränkung von Verzugszinsen und Ausschluss von Inkassokosten

Die zu zahlenden Zinsen werden im Falle einer coronabedingt erheblichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Zeitraum April bis Juni 2020 auf 4 % reduziert, unabhängig vom vertraglich vereinbarten Zinssatz. Außergerichtliche Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen (Inkassobüros) müssen in diesem Fall auch nicht bezahlt werden.

§ 3. Wenn bei einem vor dem 1. April 2020 eingegangenen Vertragsverhältnis der Schuldner eine Zahlung, die im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, muss er für den Zahlungsrückstand ungeachtet abweichender vertraglicher Vereinbarungen höchstens die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1 ABGB) zahlen und ist nicht verpflichtet, die Kosten von außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zu ersetzen.

4. Ausschluss von Konventionalstrafen

Unter einer Konventionalstrafe versteht man eine vertraglich vereinbarte Strafe, die dem Vertragspartner zu bezahlen ist, wenn bestimmte Bedingungen eintreten. Oft ist dies ein bestimmter Termin, bis zu dem Leistungen abgeschlossen sein müssen, andernfalls eine solche Strafe zu zahlen ist.

Bei erheblicher Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners oder auch dann, wenn die Leistung wegen der Beschränkung des Erwerbslebens nicht erbracht werden kann, kann eine vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe nicht verlangt werden.

§ 4. Soweit bei einem vor dem 1. April 2020 eingegangenen Vertragsverhältnis der Schuldner in Verzug gerät, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie entweder in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist oder die Leistung wegen der Beschränkungen des Erwerbslebens nicht erbringen kann, ist er nicht verpflichtet, eine vereinbarte Konventionalstrafe im Sinn des § 1336 ABGB zu zahlen. Das gilt auch, wenn vereinbart wurde, dass die Konventionalstrafe unabhängig von einem Verschulden des Schuldners am Verzug zu entrichten ist.

Gerichtliche Streitigkeiten sind wohl auch hier vorprogammiert, ob nämlich eine solche Beeinträchtigung vorliegt oder nicht. Es empfiehlt sich wie in so vielen Fällen ein konstruktives Gespräch mit dem Vertragspartner um eine Lösung zu finden.

5. Verlängerung von befristeten Wohnungsmietverträgen

Im Voll- und Teilanwendungsbereicht des Mietrechtsgesetzes (MRG) gelten im Normalfall sehr strenge Regeln, was mögliche Befristungen von Mietverträgen betrifft. Ausnahmsweise gibt es nun die Möglichkeit, schriftlich nur für einen recht kurzen Zeitraum zu verlängern. Die gilt für Mietverträge, die im Zeitraum April bis Juni auslaufen würden.

§ 5. Ein dem Mietrechtsgesetz unterliegender, befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30. März 2020 und vor dem 1. Juli 2020 abläuft, kann abweichend von § 29 MRG schriftlich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden. Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieses Verlängerungszeitraums weder vertraglich verlängert noch aufgelöst, so gilt § 29 Abs. 3 lit. b MRG.

Das Mietrechtsgesetz birgt viele Fallen. Um zu verhindern, dass es für den Vermieter unkündbares unbefristetes Mietverhältnis entsteht, empfiehlt es sich, sich rechtzeitig fachkundig beraten zu lassen.

Autor: RA Dr. Clemens Ender